Was fühlt der Hund, wenn sein Halter/seine Halterin einen anderen Hund freudig begrüßt?
|
|
|
|
Im
engen Zusammenleben von Mensch und Haushund ist eine klare
Kommunikation und ein gegenseitiges Verständnis wichtig. Tatsächlich
wurden Hunde im Laufe der Domestikation immer besser, die Körpersprache
und das Verhalten des Menschen zu lesen und mit ihm zu kommunizieren.
Aber
wie deuten sie sein Verhalten gegenüber anderen Hunden? Eine soeben
erschienene Studie des Clever Dog Labs an der Vetmeduni Vienna und der
SCAN-Unit (Institut für Kognition, Emotion und Methoden der Psychologie)
der Universität Wien zeigt nun mit bildgebenden Verfahren erstmals, was
dabei im Gehirn des Hundes vor sich geht.
Hund im MRT-Scan-Raum
Dass die Domestikation
des Hundes viel zum artübergreifenden Verständnis von Hund und Mensch
beigetragen hat, ist hinlänglich belegt. Zusätzlich lernen Hunde, die
lange und eng mit Menschen zusammenleben, viele Eigenschaften und
Verhaltensweisen ihrer menschlichen Partner.
Unter anderem
erwerben sie dabei die Fähigkeiten, ihn am Gesicht zu erkennen,
Gesichtszüge und Emotionen zu unterscheiden und sogar
menschenspezifische Gesten und Verhaltensweisen wie das Zeigen zu
deuten. Dieses gegenseitige Verstehen fördert die emotionale Bindung,
die viele Hunde zu ihrem menschlichen Partner aufbauen. Sie ist manchmal
so stark und eng, dass sie mit der Bindung von Kindern zu ihren Eltern
verglichen wird.
Allerdings wurde dieser Vergleich bisher nur auf
der Verhaltensebene untersucht. Aber liegen ihr tatsächlich ähnliche
Gehirnprozesse zu Grunde?
Ein Charakteristikum einer guten
Partnerschaft ist die besondere Sensibilität gegenüber dem Verhalten
seines Partners zu anderen. Das äußert sich unter anderem darin, wie man
auf positive aber auch negative Handlungen seines Partners zu einem
anderen reagiert.
Dieser andere wird sogar zu einem Rivalen, wenn
die beobachteten Handlungen besonders freundschaftlich ausfallen.
Verhaltenstests mit Hunden, die ihren menschlichen Partner bei
freundschaftlichen Handlungen mit einem anderen Hund sahen, zeigten
wiederholt, dass diese darauf reagieren und sogar versuchen, dazwischen
zu gehen. Doch was fühlen sie dabei?
Ohne sprachliche
Verständigung und Befragung ist es schwierig, die Emotion eines anderen
Lebewesens zu deuten. WissenschaftlerInnen wollen sich nicht mit bloßen
Analogien zum Menschen begnügen, sondern der Sache tiefer auf den Grund
gehen.
Eine Möglichkeit dazu bietet die funktionale
Magnetresonanztomographie (fMRT), ein bildgebendes Verfahren, das die
Aktivitäten bestimmter Gehirnareale in guter räumlicher Auflösung
darstellt. Damit kann man gezielt jene Areale untersuchen, welche bei
der emotionalen Bewertung des Wahrgenommenen eine Rolle spielen.
Das
Problem dabei ist jedoch, dass man zwar Menschen bitten kann, sich in
einen MRT-Scanner zu legen und bewegungslos aufmerksam Videos zu
betrachten, aber wie macht man das mit Tieren? Betäubung oder auch nur
Sedierung ist aus experimentellen Gründen nicht möglich der Hund soll
aufmerksam Videos betrachten und aus ethischen Gründen sollte man die
Tiere nicht fixieren.
Wache Hunde im MRT-Scanner
Nachdem
es weltweit nur eine Gruppe in Ungarn, zwei in den USA und eine in
Mexiko gibt, die bereits erfolgreich Hunde trainiert haben, freiwillig
und ohne Fixierung einige Minuten im Scanner zu liegen, hat nun auch in
Österreich ein interuniversitäres Konsortium, bestehend aus
ForscherInnen am Clever Dog Lab des Messerli Forschungsinstituts an der
Vetmeduni, an der SCAN-Unit der Fakultät für Psychologie der Universität
Wien und am MR-Zentrum der Uni Wien begonnen, diese neuartige,
nicht-invasive Methode der bildgebenden Hirnforschung bei wachen Hunden
anzuwenden.
Dazu ist es notwendig, die Hunde vorher stufenweise
an die laute und enge Umgebung des Scanners zu gewöhnen und die
erforderlichen Verhaltensweisen intensiv zu trainieren.
Denn nur
dann steigen die Hunde, ausgestattet mit Gehörschutz freiwillig in den
Scanner, stecken ihren Kopf in die Spule und bleiben nahezu regungslos
bis zu fünf Minuten liegen, während sie Bilder oder Videos auf einem
Bildschirm am Ende der Röhre betrachten.
In der vorliegenden
Studie wurde die Gehirnaktivität von 12 Haushunden auf diese Weise
untersucht. Das Ziel der WissenschaftlerInnen war herauszufinden, ob die
Hunde, die in einem Video gezeigten Menschen anhand ihrer Identität
(HalterIn oder Fremder) und im Hinblick auf die dabei gezeigten
Handlungen an einem anderen Hund (positiv, sozial oder neutral,
nicht-sozial) unterscheiden.
Einzelne, 10 Sekunden lange Videos
zeigten entweder die/den HalterIn des im Scanner liegenden Hundes oder
eine ihm fremde Person, die entweder einen anderen Hund freudig begrüßen
und streicheln (positive, soziale Interaktion) oder ihm die Ohren und
Zähne kontrollieren (neutrale, nicht-soziale Interaktion).
Tatsächlich
konnte das ForscherInnenteam bei der Analyse der MRT-Bilder zeitlich
und räumlich divergierende Hirnaktivitäten bei den vier genannten Videos
feststellen.
Diese Unterschiede stimmten zu einem großen Teil
mit den Erwartungen der ForscherInnen überein, die sie aus den bei
Menschen und Tieren bekannten Reaktionen in ähnlichen Situationen
gebildet haben.
So zeigten die Hunde etwa eine Aktivitätszunahme
in der Amygdala und der Insula, zwei Gehirnareale, die an der Bewertung
von Reizen und Verarbeitung von Emotionen beteiligt sind, besonders bei
den positiv-sozialen Handlungen am anderen Hund. Obwohl man daraus noch
nicht die Emotion des Hundes im Scanner eindeutig feststellen kann, so
deuten diese Regionen zumindest starke physiologische Erregung an.
Es
liegt nahe, dass sie den im Video gezeigten Hund als potentielle
Bedrohung der Bindung zu ihrer Bezugsperson (HalterIn) wahrgenommen
haben. Die erhöhte Aktivität im Hypothalamus bei diesen Videos,
insbesondere bei der positiven, sozialen Mensch-Hund-Interaktion mit dem
Halter, lässt zudem vermuten, dass die Hunde ihre/n HalterIn in dem
Video erkannt haben und auf die freudige Begrüßung mit dem anderen Hund
aufgeregter als gegenüber dem Fremden oder den nicht-sozialen
Mensch-Hund-Interaktionen reagiert haben.
Obwohl noch viele
Fragen offenbleiben, bietet diese Studie erste Einblicke in das
Gefühlsleben von Hunden bei der Bewertung von Handlungen seiner
menschlichen Bezugsperson.
Publikation
Der Artikel Neural responses of pet dogs witnessing their caregivers positive interactions with a conspecific: an fMRI study von Sabrina Karl, Ronald Sladky, Claus Lamm und Ludwig Huber wurde in Cerebral Cortex Communications veröffentlicht.
Weitere Meldungen