Ähnlich dem Menschen: Hunde erkunden gezielt, wenn ihre Erwartungen nicht erfüllt werden
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Wie
menschliche Kinder haben Hunde Erwartungen an ihre Umgebung,
beispielsweise darüber, ob und wann ein Objekt, das sich hinter eine
Abdeckung bewegt, sichtbar sein sollte.
Werden diese Erwartungen
verletzt, werden sie neugierig und erkunden ihre Umgebung genauer.
Diese Parallelen zwischen Mensch und Tier konnte ein Forschungsteam der
Veterinärmedizinischen Universität Wien in einer soeben veröffentlichten
Studie nachweisen.

Experiment mit Hund
Frühere Studien haben gezeigt, dass
menschlichen Säuglinge mit Neugier darauf reagieren, wenn grundlegende
physikalischer Regelmäßigkeiten verletzt werden. Es regt sie dazu an,
die beteiligten Objekte genauer zu untersuchen, wodurch sie Erkenntnisse
über neue kausale Zusammenhänge gewinnen können.
In ihrer Studie
untersuchten die Wissenschafter:innen, ob ein ähnlicher Zusammenhang
zwischen Erwartungsverletzung und Erkundung bei nichtmenschlichen Tieren
besteht. Konkret wurde untersucht, wie Hunde auf Erwartungsverletzungen
im Zusammenhang mit verdeckten Objekten sogenannte
Okklusionsereignisse reagieren.
In den ersten beiden
Experimenten sahen die Hunde jeweils Videos eines sich über den
Bildschirm bewegenden Balls. Der Ball bewegte sich im Verlauf der Videos
hinter Abdeckungen unterschiedlicher Breite.
Im ersten
Experiment rollte der Ball hinter einer schmalen Abdeckung vorbei und
erschien entweder auf der anderen Seite, wie es unter realen Bedingungen
zu erwarten wäre, oder er verschwand hinter der Abdeckung. Im zweiten
Experiment rollte ein Ball hinter zwei Abdeckungen vorbei, zwischen
denen eine Lücke bestand.
In einer Bedingung tauchte der Ball in
der Lücke wieder auf, wie es unter realen Bedingungen zu erwarten wäre,
wohingegen er in der anderen Bedingung in der Lücke nicht wieder
auftauchte. Im dritten Experiment wurde das zweite Experiment
wiederholt, nun jedoch nicht als Video, sondern mit einem echten Ball.
Verletzte Erwartungen machen neugierig und bieten die Möglichkeit zu lernen
In
allen drei Experimenten zeigten Hunde bei erwartungswidrigen
Ereignissen eine längere Blickdauer als bei konsistenten Ereignissen.
Dieses Ergebnis wurde bei den ersten beiden Experimenten durch
Pupillengrößenanalysen weiter gestützt. Unsere Ergebnisse deuten darauf
hin, dass Hunde erwarten, dass Objekte wieder auftauchen, wenn sie nicht
durch eine blickdichte Blende verdeckt werden, und dass sie die Größe
der Blende im Verhältnis zum verdeckten Objekt berücksichtigen, so
Studien-Erstautor Christoph Völter vom Messerli Forschungsinstitut der
Vetmeduni.
Im dritten Experiment steigerten Erwartungsverletzungen
die Motivation der Hunde, das Zielobjekt genauer zu untersuchen und der
Ursache auf den Grund zu gehen ganz ähnlich wie bei menschlichen
Säuglingen. Die Überraschungsreaktion der Hunde führte zu einer
verstärkten Erkundung des beteiligten Objekts, was ihnen die Möglichkeit
eröffnete, mehr über die ungewöhnlichen Eigenschaften des Objekts
herauszufinden. Insgesamt kommen wir zum Schluss, dass
Erwartungsverletzungen auch für nichtmenschliche Tiere Lernmöglichkeiten
bieten können, sagt Völter.
Vielversprechende Methode auch für Studien mit anderen Tierarten
Mit
ihrer Versuchsreihe gelang den Wissenschafter:innen der Nachweis, dass
Hunde konkrete Erwartungen haben, etwa wann ein Objekt sichtbar sein
sollte und wann nicht. Hunde scheinen zudem die Größe des verdeckten
Objekts im Verhältnis zur Abdeckung zu berücksichtigen. Die in ihrer
Studie verwendete Methode ist laut den Forscher:innen vielversprechend,
um ähnliche Hypothesen auch bei einer Vielzahl anderer Arten zu testen.
Publikation
Der Artikel Dogs expectations about occlusion events: from expectancy violation to exploration
von Christoph J. Völter, Ana Tomaić, Laura Nipperdey und Ludwig Huber
wurde in Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht.
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